In diesem Beitrag möchte ich kurz beschreiben, wie ihr innerhalb weniger Minuten einen umfangreichen Musikstreaming Player mit dem Raspberry Pi bauen könnt. Damit lassen sich alte Musikanlagen mit den vielzähligen WLAN/Bluetooth Funktionalitäten aufrüsten und ihr könnt mit mehreren Playern sogar ein Multiroom System á la SONOS selbst bauen! Mit Verstärker Platinen lassen sich sogar ohne Probleme passive Lautsprecher direkt an den Raspberry Pi anschließen und betreiben.
Der Raspberry Pi ist von Haus aus mit keinem brauchbaren Audioausgang ausgestattet. Mit einer aufsteckbaren Soundkarte lässt sich dieses Problem aber komplett beheben und ihr erreicht eine äußerst hochwertige Soundqualität, die sich im HiFi Bereich nicht verstecken muss. In meiner Anleitung zeige ich euch das Ganze anhand des Raspberry Pi Zero W und dem JustBoom Amp Zero pHAT. Natürlich klappt das genauso mit dem normalen Raspberry Pi 3 und anderen Soundkarten wie von HiFiBerry.
JustBoom bietet bereits vollständige Kits an, bei denen ihr sofort loslegen könnt und alle benötigten Komponenten enthalten habt.
Schritt 1. Hardware
JustBoom Amp Zero Kit:
- Raspberry Pi Zero W
- JustBoom Amp Zero pHAT
- Netzteil
- SD-Karte mit vorinstallierter JustBoom Player Software (basierend auf Volumio)
- passendes Gehäuse
- IR-Empfänger für optionale Steuerung über Fernbedienung
Einkaufsliste Einzelteile:
[table id=16 /]
Auswahl an Soundkarten:
Es gibt verschiedene Varianten an Soundkarten, deswegen sollte man sich vorher überlegen was man vor hat.
Möchte man den Audioausgang vom Raspberry Pi an einen Verstärker, AV-Reciever oder aktive Lautsprecher anschließen, kommen folgende Varianten infrage:
- DAC-Soundkarten haben einen analogen Audioausgang bspw. in Form von Cinch-Steckern oder Klinke.
- Die DIGI-Soundkarten stellen ein digitales Audiosignal in Form von optischem Toslink oder Koaxial am Ausgang bereit.
Möchte man direkt passive Lautsprecher anschließen, benötigt man einen Verstärker. Die Soundkarten sind meistens mit AMP (Amplifier) bezeichnet.
Hinweis: Bei Verstärker Karten reicht die Leistung des normalen Netzteiles für den Pi nicht mehr aus und ihr benötigt ein leistungsstärkeres. Dieses wird je nach Soundkarte dann direkt dort angeschlossen und der Pi wird mitversorgt. Für passende Netzteile schaut euch am besten direkt beim Soundkarten Hersteller im Shop um.
[table id=14 /]
Eine weitere Auswahl an Soundkarten könnt ihr in diesem Beitrag sehen.
Die günstigste DAC-Soundkarte ist die PIFI DAC+, welche man für ca. 15€ aus China bestellen kann. Mit schneller Lieferung ist sie z.B. bei Banggood verfügbar.
Technische Daten der Soundkarten für den Pi – Wirklich High-End?
In meinem Beitrag über die Soundausgänge des Raspberry Pi und ihre Qualität habe ich bereits meinem Beitrag „Soundkarten für den Raspberry Pi – Vom Blecheimer zur Hi-Fi Himbeere“ das Thema genauer erläutert.
Kurz zusammengefasst: Die DAC-Chips der Soundkarten sind auf höchstem Niveau. Die AMP-Karten bieten hier auch eine solide Leistung und wer 2 Regallautsprecher damit befeuern will, für den reicht z.B. der JustBoom AMP vollkommen aus. Wer zu Hause schon einen hochwertigen Verstärker besitzt und das bestmögliche hier herausholen möchte, der wählt einfach eine DAC/DIGI Soundkarte.
JustBoom Amp Zero pHAT
Die Aufsteckplatine JustBoom Amp Zero bietet für die Größe eine beachtliche Leistung. Sie unterstützt extrem hohe Bitraten von bis zu 32bit und Samplingraten von bis zu 192kHz. Der Verstärker liefert mit dem externen 65 Watt Netzteil (15V 4,33A) eine Ausgangsleistung von 2×30 Watt (RMS) und einer maximalen Leistung von 2×50 Watt!
Ich bin mit der Soundqualität sehr zufrieden und der Klang ist top. Meine Kompaktlautsprecher von JBL und Yamaha befeuert der kleine Amp Zero mit ordentlicher Leistung und bringt auch auf hohen Lautstärken einen klaren Sound ohne übersteuern rüber.
Stromverbrauch
In diesem Fall ein wirklich wichtiger Punkt, der mich von SONOS Geräten und auch anderen Multiroom bzw. WLAN Lautsprechern enorm abgeschreckt hat! – Der Stromverbrauch. Speziell eigentlich der Standby-Verbrauch, da man die Geräte aus Komfortgründen nicht immer komplett vom Strom trennen möchte.
Der Raspberry Pi Zero W mit dem JustBoom AMP verbraucht bei mir im Standby lediglich etwas weniger als 1 Watt und im Betrieb je nach Lautstärke 1,5-4 Watt. Der Raspberry Pi 3 wird hier etwas höher liegen und im Durchschnitt ca. das Doppelte verbrauchen. Bei der Verwendung von Soundkarten ohne Verstärker ist der Verbrauch sogar noch etwas geringer (verständlicherweise).
Ich möchte an dieser Stelle mal ein paar Zahlen vom ungefährem Stromverbrauch der SONOS Geräte als Vergleich aufzeigen, die auch in User-Foren mehrfach bestätigt wurden (u.a. community.sonos.com) :
Gerät | Standby [Watt] | Betrieb [Watt] |
Connect Amp | 20 | unbekannt, höher |
Playbar | 10,5 | 14 |
Play:5 | 8 | 14,5 |
Play:1 | 4 | 5,2 |
Solche Standby Verbrauche wie bei Sonos können schnell mal in den 3-stelligen Bereich an jährlichen Stromkosten gehen, wenn man mehrere Geräte zu Hause hat. Mit knapp unter einem Watt Standby Verbrauch ist der Pi Zero hier sehr genügsam und die Stromkosten sind fast zu vernachlässigen. Bei einem Player macht dies nicht viel aus, möchte man sich aber ein Multiroom System aufbauen und 3 oder mehr Player installieren, macht sich das in der Stromrechnung bemerkbar. Daher wollte ich hier nur mal darauf hinweisen.
Gehäusewahl:
Mit aufgesetzter Soundkarte passt der Pi leider in die meisten normalen Gehäuse nicht mehr rein. JustBoom oder HifiBerry haben hier extra passende Gehäuse im Angebot, die jedoch vergleichsweise nicht so günstig sind. Zudem ist man von der Auswahl stark begrenzt .. es gibt ja nur eine Variante. Hat man eine analoge DAC Soundkarte können bastel willige ggf. auch durch Ablöten der Cinch-Anschlüsse hier Platz einsparen, sodass normale Gehäuse trotzdem passen.
Schritt 2. Zusammenbau
Schritt 3. Software: Auswahl des Betriebssystemes und Einrichtung
Ich habe die besten Erfahrungen mit Volumio und Max2Play gemacht. Natürlich gibt es noch eine große Auswahl an anderen Betriebssystemen für den Media Player Einsatz. Im Kit ist auf der SD-Karte schon der JustBoom Player, der auf Volumio 2 basiert, vorinstalliert. Was lässt sich nun alles damit anstellen?
Volumio sowie Max2Play bietet eigentlich alles, was das Herz begehrt für einen Streaming-Player. Viele Funktionen lassen sich durch Plugins erweitern.
Ein paar Anwendungsbeispiele:
- Internet Radio
- Musikstreaming von Spotify, Tidal und Co. sowie NAS/lokalen Netzwerkspeichern
- Streaming von Medien über Bluetooth oder DLNA (bspw. mit der App Bubble UPnP)
- Multiroom Funktion (Synchronisiertes Streaming an mehrere Player) über das Logitech Squeezebox System. Max2Play nutzt das Logitech Squeezebox System und es lässt sich hierüber alles sehr einfach einrichten. Dank eines Plugin lässt sich sogar Volumio als Squeezeplayer nutzen und in ein bestehendes Max2Play System integrieren.
- Steuerung über Weboberfläche, Android App oder Alexa (Für die Ansteuerung über Alexa sind noch ein paar weitere Kniffe notwendig, auf die ich eventuell in einer weiteren Anleitung eingehen werde, falls hier Interesse besteht)
- und vieles mehr.
Volumio / JustBoom Player
- Volumio ist ein super Media Player der sehr schnell und einfach aufzusetzen ist. Die aktuelle Version 2 läuft wirklich stabil und es kommen immer wieder neue tolle Funktionen dazu. Es gibt eine Vielzahl an Plugins, die den Betrieb mit z.B. Spotify, Logitech Squeezebox oder TuneIn ermöglichen.
- Download Volumio: https://volumio.org/get-started/ | Download JustBoom Player
Zum Aufspielen des Image auf die micro SD empfehle ich Etcher. Nach dem Kopieren könnt ihr die SD-Karte in euren Raspi einlegen und einschalten. Volumio macht beim Start einen WLAN Hotspot mit dem SSID-Namen „volumio“ auf (das Booten dauert eine Weile ca. 30-60 sek). Dort könnt ihr euch mit dem Passwort „volumio2“ einloggen und erreicht die Weboberfläche unter der Adresse volumio.local/ bzw. der IP eures Raspberry Pi. Anschließend navigiert ihr euch zu dem Menüpunkt „Netzwerk“ loggt euch in euer Heimnetzwerk ein. Genauso gut könnt ihr beim Raspberry Pi 3 euch direkt per LAN Kabel verbinden und auf dann auf die Weboberfläche zugreifen. Jetzt müsst ihr noch eure Soundkarte in den Wiedergabe-Einstellungen auswählen (siehe Bilder unten) und nach einem Neustart ist der Streaming-Player prinzipiell schon einsatzbereit.
Nun habt ihr noch einige Einstellungs- und Anpassungsmöglichkeiten. Unter Plugins gibt es eine große Auswahl an Funktionserweiterungen. Unter „Meine Musik“ lassen sich Netzwerklaufwerke einbinden, wie ein NAS oder per Samba freigegebene Ordner. Es ist ebenfalls möglich, einen USB-Stick oder eine externe Festplatte mit eurer Musik an den Raspi anzuschließen und auf die Lieder über Volumio zuzugreifen.
Max2Play (Multiroom mit Logitech Squeezebox)
- Wie ihr Max2Play installieren und einrichten könnt, habe ich bereits in diesem Beitrag gezeigt „Die Eierlegende Wollmichsau – Multiroom Musik mit dem AllinOne Betriebsystem Max2Play für den Raspberry Pi„. Für den Betrieb der Max2Play Instanz, auf dem der Logitech Squeezebox Server läuft, empfehle ich aber die Verwendung eines Raspberry Pi 3b (+). Der Pi Zero W hatte hierfür nicht genug Leistungsreserven bei mir und es kam häufiger zu Streaming Aussetzer.
- Mit Max2Play habt ihr die gleichen Möglichkeiten wie beim Volumio auch – nur noch ein paar mehr. Ihr könnt über Bluetooth, Airplay oder DLNA Musik an euren Pi streamen und habt dank dem Logitech Squeezbox System Zugriff auf eure Netzwerkweite Musik aber auch Radio Streams und andere Streaminganbietern (Spotify,Tidal..).
Lautsprecher Auswahl
Bei den Lautsprechern möchte ich jetzt nichts groß vorschreiben und jeder hat ein anderes Klangempfinden. Oft hat man ja auch noch alte Regallautsprecher zu Hause herumstehen. Zu Beachten ist hier hauptsächlich die Impedanz – diese sollte zwischen 4 und 8 Ohm liegen.
Beim Anschluss von passiven Lautsprechern empfehle ich Kompaktlautsprecher/Regallautsprecher. Da die Leistung der AMP-Soundkarten nicht allzu hoch ist, könnten große Standlautsprecher nicht auf so hohe Lautstärken kommen und auch vom Klang eventuell nicht voll ausgeschöpft werden. Außerdem kann es passieren, dass stark unterdimensionierte Verstärker bei hoher Belastung zum Übersteuern neigen. Ich konnte auf jeden Fall bei meinen Standlautsprechern von Teufel einen kleinen Unterschied hören, ob die Musik über meinen Verstärker lief oder über den Raspberry und die AMP-Karte wohingegen bei meinen Regallautsprechern von Yamaha und JBL der Sound mit dem AMP pHAT perfekt war.
Beispiele:
passive Lautsprecher:
Gut und günstig: JBL One (Paarpreis 90-100€)
Edel und rockig: Klipsch Reference R-41M (Paarpreis 220-250€)
Klar und Neutral: Nubert nuBox 313 (Paarpreis 320€)
aktive Lautsprecher:
Günstig und natürlich: Bose Companion 2 Serie III (Paarpreis 80€)
Günstig und schick: EDIFIER Studio R1280T (Paarpreis 90€)
Hochwertig und sehr guter Klang – aber andere Preisklasse: Nubert nuPro A-100 (Paarpreis 580€)
Fazit:
Fertig ist euer HQ-Media Player! Preislich kommt man hier in der günstigsten Zusammenstellung (Raspberry Pi Zero W mit Zubehör + Soundkarte) auf ca. 60€ ! und die Möglichkeiten überbieten jedes Fertig-System. Ihr seid zudem flexibler, was das Betriebssystem und die Einstellungen angeht und seid nicht auf die Produkte bzw. die Software eines Herstellers angewiesen.
Einen Vergleich ziehe ich hier immer ganz gerne mit dem SONOS Connect (358€) oder dem SONOS Connect:AMP (519€). Den gleichen Job verrichtet hier der Raspberry Pi 3 mit einer passenden Soundkarte bzw. Verstärker HAT, der mit lediglich 60-120 € Kosten nur ca. ein Fünftel! Von dem Sonos Äquivalent kostet. OK – natürlich ist die Variante dann nicht Sonos kompatibel, dafür hat man mehr Freiheiten.
Klang technisch bin ich echt beeindruckt und der Player steht vom Sound her einer richtigen Musikanlage in nichts nach. Das Streaming klappt mit dem Raspi Zero W selbst über WLAN im verlustfreien FLAC Format ruckelfrei und ohne Einschränkungen.
Links:
Klasse beschrieben. Stimmt fast alles.
Grob falsch ist allerdings Deine Meinung zu Standboxen (brauchen mehr Leistung). Die brauchen nicht mehr Leistung. Im Gegenteil, die Meisten kommen mit weniger Leistung aus. Im Mittel/Hochtonbereich spielt das keine Rolle, aber beim Bass wird oft deutlich weniger Leistung benötigt um guten Klang zu erzeugen. Die Magnete der Basslautsprecher in Standboxen sind größer und kräftiger, also gibts mehr Lautstärke-Power bei gleicher Leistung. Dazu kommt das größere Volumen in der Box, dadurch wird das Basschassis weniger gebremst und kann mit gleicher Leistung lauter.
Das gilt im Prinzip für alle Lautsprecherboxen (ausgenommen Exoten mit gänzlich anderen Antrieben).
Nur sollte man bei so relativ kleinen Leistungen möglichst keine komplett geschlossenen Lautsprecher verwenden, Bassreflex und alle Spielarten davon eignen sich besser, die benötigen deutlich weniger Leistung als geschlossene Boxen.
Wodurch und warum Boxen defekt gehen ist immer gleich, egal ob groß oder klein.
Schön ist aber, dass kräftige und gute Verstärker nicht mehr teuer sind und oft einen digitalen Eingang haben.. Deswegen nutze ich geschlossene Boxen mit einem guten Verstärker. Ich finde geschlossene Boxen klanglich einfach besser wie die anderen schlabbrigen Dinger. Schliesslich gibts für den Raspi auch gute Karten mit digitalem Ausgang. Aner analog. per Cinch. an einem alten aber gutem Verstärker ist klanglich auch allemal besser als die Mini-Endstufen für den Raspi. Spielzeug.
Danke für deinen ausführlichen Kommentar und den Hinweis bezüglich der Leistung!
Hört sich plausibel an.
Die Aussage habe ich aus meinem Test mit den Teufel UL40 MK2 mit insg. 4 Lautsprechern im Vergleich mit meinen 2-Wege Regallautsprechern mit einem Hochtöner und Tiefmitteltöner gezogen, wo ich bei gleichem Pegel Lautstärkemäßig mit dem Regalllautsprechern deutlich höher gekommen bin bei dem Betrieb am Raspi. Grundgedanke: je mehr Lautsprecher die Box hat desto mehr Leistung benötigt sie.
Wie du geschrieben hast, kann man das aber nicht verallgemeinern und wenn ich es richtig verstanden habe ist Leistungs- und Lautstärkemäßig
eine 3-Wege Aufteilung mit 1 Hochtöner, 1 Mitteltöner und 1 Tieftöner effektiver als 1 Hochtöner und 1 Tiefmitteltöner.
Werde den Teil des Artikel beim nächsten Update verbessern.